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Banken, Versicherer, Energiekonzerne: Wer profitiert von der Krise?


Überraschende Zahlen
Diese Firmen machen trotz Krisen Rekordgewinne

Von Frederike Holewik

Aktualisiert am 05.02.2023Lesedauer: 5 Min.
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Deutsche BankVergrößern des Bildes
Wolken ziehen über die Zentrale der Deutschen Bank, während sich der Wolkenhimmel in der Fassade spiegelt. (Quelle: Arne Dedert/dpa/dpa-bilder)

Inflation, Pandemie, Krieg: Gleich mehrere Krisen haben die vergangenen Jahre geprägt. Doch viele Unternehmen machen weiter kräftig Kasse. Woran liegt das?

Autobauer, Techkonzerne, Pharmafirmen – sie alle müssen in diesen Tagen Einblick in ihre Bücher gewähren. Die Berichtssaison ist in vollem Gange, täglich melden Konzerne, wie ihr Geschäft 2022 gelaufen ist.

Als Otto Normalverbraucher würde man dabei erwarten: Die Krisen der vergangenen Jahre, zuletzt der russische Überfall auf die Ukraine, müssten überall ihre Spuren hinterlassen haben. Tatsächlich ist das auch bei vielen der Fall – aber längst nicht bei allen.

Einige Branchen wie Versicherer, Energiekonzerne und Großbanken brüsten sich mit besten Zahlen, teils sogar Rekordgewinnen. t-online erklärt, wie es zu den hohen Gewinnen in diesen Branchen gekommen ist, was das für die wirtschaftliche Entwicklung der kommenden Monate bedeutet und wie die Politik reagiert.

Banken: Zinsen sorgen für Rekordzahlen

Die Deutsche Bank stellte am Donnerstag ihre Zahlen für 2022 vor. Auf den ersten Blick war dabei von Krise wenig zu spüren, denn vor Steuern verzeichnet das Institut 5,6 Milliarden Euro Gewinn. Das sind 65 Prozent mehr als im Vorjahr und es ist der höchste Gewinn seit 15 Jahren.

Auch andere Banken sind teils überraschend gut durch die Krise gekommen. So etwa die Schweizer UBS, die dank eines besonders starken Schlussquartals letztlich ihre Gewinne um zwei Prozent zum Vorjahr steigern konnte und die Erwartungen der Analysten übertraf.

Dafür ist vor allem die Zinswende verantwortlich. Die US-amerikanische Fed hatte als erste Notenbank im vergangenen Jahr die Nullzinspolitik beendet, die EZB zog kurz darauf nach. Das heißt: Sparen, auch für die Banken selbst, lohnt sich wieder mehr.

Gleichzeitig hätten viele kurz nach Beginn des Ukraine-Krieges umfangreiche Rückstellungen gebildet, um sich so auf die befürchtete Rezession vorzubereiten, heißt es von Analysten. Da sich nun abzeichne, dass der Wirtschaftseinbruch ausbleibe, würden diese Rückstellungen aufgelöst. Das wirkt sich positiv aufs Bilanzergebnis aus.

Ist das gerecht? Oder doch unfair? Markus Herbrand, finanzpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, verweist auf die Krisen der vergangenen 15 Jahre, die deutliche Spuren im Bankensektor hinterlassen und zu stärkerer Regulierung geführt hätten: "Wenn jetzt solide wirtschaftende Banken Gewinne einfahren, sollten wir uns darüber freuen und als Politik keine moralische Bewertung vornehmen."

Bankensektor "weiter unter Druck"

Auch die finanzpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Antje Tillmann, rät weiterhin zur Vorsicht: "Der Bankensektor steht durchaus weiter unter Druck. Die kürzliche Warnung der BaFin zeigt: Gerade kleinere Banken und Sparkassen müssen teils massive Bewertungsverluste auf ihr Anlageportfolio hinnehmen."

Profiteure der aktuellen Situation sind vor allem die Aktionäre der Banken. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing kündigte an, dass die Dividende je Aktie für das Geschäftsjahr 2022 von 20 Cent auf 30 Cent erhöht werden soll, und das sei "nur ein Zwischenschritt".

Heißt das, alle Anleger sollten sich jetzt auf Bank-Aktien stürzen? Nicht unbedingt, denn das aktuelle Zinsumfeld bietet auch andere Möglichkeiten. "Die Zinswende führt dazu, dass es sich wieder lohnt, in Unternehmensanleihen oder Rentenfonds zu investieren", erläutert Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und Strategie bei der Dekabank, im Gespräch mit t-online.

Für weitere Krisen rät der Kapitalmarktexperte vor allem zur Ruhe. "Seit 2020 befindet sich der Kapitalmarkt im dauerhaften Krisenmodus. Dabei wurden all jene Anleger belohnt, die einen kühlen Kopf bewahrt haben", sagt Schallmayer. "Auf längere Sicht wäre es wünschenswert, dass sich die Zinsstrukturkurve normalisiert. Die aktuelle Situation, in der zehnjährige Anlagen weniger Zinsen abwerfen als kürzere Anlagen, ist nicht der Normalzustand und belastet den Bankensektor", so Schallmayer.

Versicherungen: Kaum Probleme durch Naturkatastrophen

Auch in der Versicherungsbranche schlagen sich die Krisen weniger deutlich nieder als zunächst erwartet. Der weltweit drittgrößte Rückversicherer Hannover Rück etwa hat trotz hoher Katastrophenschäden im vergangenen Jahr einen Rekordgewinn erzielt. Auf Basis vorläufiger Zahlen lag der Überschuss mit 1,41 Milliarden Euro fast 15 Prozent höher als im Vorjahr, wie der Dax-Konzern am Mittwoch in Hannover mitteilte. Durch einen Gewinnanstieg in der Personen-Rückversicherung und höhere Kapitalerträge konnten die hohen Belastungen durch Naturkatastrophen wie Hurrikan "Ian" abgefedert werden.

Auch die genossenschaftliche Versicherung R+V konnte trotz der Katastrophe im Ahrtal gute Zahlen vorlegen. Doch ein solches Ergebnis könne täuschen, sagt Vorstandsvorsitzender Norbert Rollinger. "Durch den schnellen Zinsanstieg haben wir stille Lasten in den Büchern. Jahrelang mussten wir unsere Gelder zu sehr niedrigen Zinsen anlegen. Diese Anlagen haben nun an Wert verloren. Aber die Neuanlage bringt jetzt wieder höhere Zinsen – auch für unsere Kundinnen und Kunden", so Rollinger. Das gesamte t-online-Interview lesen Sie hier.

Bei den Versicherungen machen sich die gestiegenen Zinsen aber auch an anderer Stelle bemerkbar. So sorgen sie bei Rückstellungen für Pensionen und zur Gewährleistung der Garantieverzinsung für bessere Konditionen. Gestiegene Immobilienpreise dürften ebenfalls eine Rolle spielen, sie führen zu höheren Prämien bei Erstversicherungen.

Energiekonzerne: Hohe Preise, hohe Gewinne

Energiekonzerne waren im vergangenen Jahr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die eingestellten Gaslieferungen aus Russland führten dazu, dass Energie knapp wurde, die Sorge vor einem Versorgungsmangel feuerte die Spekulationen an den Energiebörsen zusätzlich an.

Zu den Gewinnern zählen deshalb vor allem jene Firmen, die Energie produzieren, wie etwa der Ölkonzern Shell. Auch der deutsche Stromkonzern RWE erzielte ein besseres Ergebnis als zuvor erwartet. Vor allem die zum Kerngeschäft zählenden Geschäfte mit Wasser, Biomasse und Gas sowie der Energiehandel hätten sich zum Jahresende besser entwickelt als angenommen, teilte der Konzern am Mittwochnachmittag in Essen mit.

Auf Basis vorläufiger Zahlen stieg das bereinigte Ergebnis des Konzerns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im Vergleich zu 2021 um mehr als 70 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro – eine Summe, die sich nun aber noch verringern dürfte. Denn: Seit 1. Dezember schöpft der Staat solche als "Zufallsgewinne" definierten Erträge bei Stromproduzenten ab. Damit soll ein Teil der Unterstützung für Bürger in Form von Strompreisbremse und Gaspreisdeckel finanziert werden.

Gewinnabschöpfung

Die Gewinnabschöpfung wird bei Stromproduzenten, deren Anlagen eine installierte Leistung von mehr als 1.000 kW haben, vorgenommen. Als Zufallsgewinne sind dabei Erlöse definiert, die über einem Referenzwert liegen. Dieser Referenzwert soll die variablen und fixen Kosten der Stromerzeugung abbilden. Von den verbleibenden Gewinnen werden dann 90 Prozent abgeschöpft, zehn Prozent der zusätzlichen Erlöse behält der Stromproduzent. Die Abschöpfung erfolgt ab dem 1. Dezember 2022 und ist zunächst bis zum 30. Juni 2023 befristet. Sie kann danach noch bis zum 30. April 2024 verlängert werden.

Inwiefern das auch bei derzeit wieder sinkenden Strompreisen funktioniert, ist noch unklar. "Es bleibt abzuwarten, wie sich die Abschöpfung von Zufallsgewinnen tatsächlich auswirkt. Rechtlich steht eine solche Übergewinnsteuer ohnehin auf tönernen Füßen", sagt CDU-Politikerin Tillmann.

Fallende Strompreise seien aber erst mal eine gute Nachricht, so FDP-Politiker Herbrand. "Ein auf diesen seriösen Preisen basierender Gewinn sollte wie auch vor der Energiekrise nicht extra besteuert werden", so Herbrand. "Gewinnabschöpfungen dürfen in einer Marktwirtschaft nur das allerletzte Mittel sein, dabei sollte es auch bleiben."

Anders steht es hingegen um Energieversorger, die Energie einkaufen und dann an die Kunden verteilen. Da sie an langfristige Verträge gebunden sind, konnten sie die plötzlich angestiegenen Kosten nicht an die Kunden weitergeben und erlitten so hohe Verluste. Das prominenteste Beispiel dafür ist wohl der Gas-Großversorger Uniper, der letztlich vom Bund übernommen wurde, um Lieferausfälle zu verhindern.

Die Verluste aus Gasbeschaffungskosten für das Geschäftsjahr 2022 beliefen sich auf 13,2 Milliarden Euro. Hinzu kämen erwartete, künftige Verluste durch anhaltende Gasersatz-Beschaffungskosten von rund 5,9 Milliarden Euro, macht zusammen rund 19,1 Milliarden Euro. Anfang November hatte der jüngst verstaatlichte Konzern diesen Wert auf rund 40 Milliarden Euro beziffert. Dass die Verluste nun deutlich niedriger ausfallen, liegt vor allem daran, dass sich der Energiemarkt wieder deutlich beruhigt hat und die Preisspitzen überwunden sind. (Mehr dazu lesen Sie hier).

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Statement Antje Tillmann
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